Borussia Dortmund

Park zum BVB

Die Kerze brennt auf der großen, mit Erdbeeren verzierten Torte. Zirka 60 Leute stehen freudestrahlend im Kreis zusammen und blicken in die Kulleraugen des einjährigen Kindes, was leicht verschwitzt grinsend auf dem Arm der Eltern in Richtung der Verwandten schaut. Südkorea ist noch heute ein Land der Traditionen und Bräuche, sodass in vielen Familien der Geburtstag und insbesondere der erste Geburtstag teilweise groß inszeniert wird und das Leben aufgrund der geringen Geburtenrate hochgeschätzt und wertgeschätzt wird. Mit Joo-Ho Park wechselt nun nach seinem Landsmann Young-Pyo Lee, der zweite Südkoreaner der Vereinsgeschichte zu Borussia Dortmund, just an dem Geburtstag von Neu-Trainer und ehemaligen Förderer Thomas Tuchel. Ob die Verpflichtung vom 1.FSV Mainz 05 das erhoffte Geburtstaggeschenk für Tuchel ist und Park mit seinen zahlreichen Qualitäten auch die Dortmunder überzeugen kann, erfährst du im heutigen Artikel.

Sportliche Vergangenheit

Der 28-jährige Joo-Ho Park wuchs in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul in Fußweite entfernt vom weltbekannten Tempel Gyeongbokgung auf. Eine ähnliche Faszination, wie der durch die vielen jugendlichen Selfiejäger in Ostasien, hat der junge Joo-Ho für den Fußball entwickelt, sodass spätestens bei seinem Studium an der Soongsil University auch Fußballvereine eine Faszination für den 1,76m großen Mann entwickelten. Über die Stationen Hollyhock, Kashima Antlers und Iwata machte Park die ersten Schritte im Profifußball und gewann bei den Kashima Antlers 2009 auch die Meistertrophäe. Wie viele Landsmänner wagte er dann das Abenteuer in Richtung Europa und tauschte das WM-Stadion von 2002 in Iwata mit dem St.Jakob-Park in Basel. Für viele Menschen ein Kulturschock doch Park ließ sich nicht beirren, wurde unumstrittener Stammspieler, Leistungsträger und mehrfacher Titelgewinner. Mit dem folgenden Wechsel zu Mainz 05 schaffte er auch in einer der stärksten Ligen der Welt den Anschluss und avancierte schnell zu einem der besten und beliebtesten Spieler in Mainz und heimste überschwängliche Lobeshymnen von Mitspielern, Journalie und Trainern ein. Einer dieser Trainer holt ihn jetzt nach 44 Bundesligaspielen bis 2018 für eine Millonenablöse in den Ruhrpott und hinterlässt ein großes Vakuum, was die Mainzer mit dem Franzosen Gaetan Bussmann vom FC Metz schließen wollen. Ein schwieriger sportlicher Balanceakt, da nach Okazaki und Geis eine weitere wichtige Stütze den Verein verlässt und eine große sportliche Lücke hinterlässt, die zwar finanziell jeweils ordentlich versüßt wurde, jedoch sich erst zeigen muss, inwiefern die Abgänge ersetzbar sind, ohne in die Abstiegsgefahrenzone zu rutschen.

Stärken/Schwächen und Spielertyp

Der 26-malige Nationalspieler Joo-Ho Park ist ein sehr intelligenter linker Außenverteidiger, der sowohl in der Offensiv-und Defensivbewegung mit seiner Dynamik, starken Technik und Spielintelligenz häufiger ins Zentrum zieht. Allgemein ist Park ein ziemlich unterschätzter Spieler für den normalen Bundesligazuschauer, da er ein ziemlich kompletter Spieler ist und als Balancegeber verschiedene Positionsanforderungen stark und sehr konstant ausfüllen kann. Als total positiver, ambitionierter Charakter fügt er sich auch leicht ins Mannschaftsgefüge ein, spielt kaum Fehlpässe und kann ein Spiel als Führungsspieler lesen, beinahe wie ein zentraler Mittelfeldspieler, der zwischen Ballzirkulation in den eigenen Reihen und dem Ball in die Spitze variieren kann. Bei Park sind keine nennenswerten Schwächen zu erkennen, einzig sein Kopfballspiel ist noch verbesserungswürdig und manchmal zieht er zu stark ins Zentrum.

Neue sportliche Situation

In Dortmund trifft Park auf seinen ehemaligen Förderer und Ex-Trainer Thomas Tuchel, der die Vorzüge der neuen Nummer 3 der Borussen bestens einschätzen kann und vorrangig auf der linken Außenverteidigerposition einsetzen wird. Nach dem Abgang von Eigengewächs Jeremy Dudziak zum FC.St.Pauli ist sein einziger Konkurrent Platzhirsch Marcel Schmelzer, der letzte Saison auch aufgrund von Verletzungen nur auf 22 Bundesliga-Spiele kam und zu stagnieren drohte, da seine Schwächen bei Flanken doch offensichtlich wurden. In dieser Saison blüht Schmelzer wieder auf, zeigt sich erholt und wird womöglich auch in den nächsten Spielen vorerst seinen Platz behaupten, doch mit der Konkurrenz von Park wird er sich gehörig strecken müssen. Tuchels Kombination aus Ballzirkulation, dem starken Gegenpressing und der versuchten Überzahl in Halbraumpositionen ist einem Park wie maßgeschneidert, besonders auch im Hinblick gegen den eher linearen Spielertyp Schmelzer, der vorwiegend die Seitenlinie beackert.

Es wird interessant sein, inwiefern Park aus seiner vorerst eingeplanten Back-Up Rolle hinausschlüpfen kann und Schmelzer sogar überholen kann im Kampf um die Startplätze, das Potenzial bringt er allemal mit. Das prall gefüllte Dortmunder Pflichtspielprogramm in drei Wettbewerber bietet zumindest eine Vielzahl von Spielen an, in der man jetzt qualitativ und quantitativ ordentlich besetzt ist. Die Transferaktivitäten sind nun weitestgehend abgeschlossen, einzig bei Abgängen von Leitner, Großkreutz und vielleicht sogar Adrian Ramos, der Interesse aus England erweckte, scheint eine Verpflichtung in der Offensive für sinnvoll, wo beispielsweise Junazaj laut Medienberichten  ein Kandidat sein soll.

Fazit

Mit Joo-Ho Park verpflichten die Borussen für vergleichsweise wenig Geld einen starken Linksverteidiger, dem nicht umsonst beinahe alle Mainzer Fans mehr als nur eine Träne nachtrauern. Mit seiner Spielintelligenz, dem Verschieben in die Halbräume und seiner technischen und laufstarken Vorzügen besitzt er sogar kurz-bis mittelfristig das Potenzial Schmelzer abzulösen und die vakante Stelle in der Außenverteidigung mehr als nur mit Leben zu füllen. Mit Leben gefüllt, empfängt auch Tuchel einen seiner Wunschspieler und feiert seinen Geburtstag. Vielleicht nicht so enthusiastisch wie bei südkoreanischen Kleinkindern, aber sicherlich mit genauso viel Freude.

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