Mainz wie es hinkt und kracht: TK empfiehlt eine Retourkutsche

Eigentlich ist es ein ungwohnter Monat, um sich mit dem rheinland-pfälzischen Mainz zu beschäftigen. Normalerweise ist das beschauliche Städtchen erst im Februar in aller Munde, wenn die Narren es zu Karneval in ein frohlockendes Irrenhaus verwandeln. Auch der Fußballverein hat in der Winterpause der letzten Saison wenig Anlass zur Nachbesserung gegeben. In diesem Jahr präsentiert sich Mainz jedoch in einem anderen Kostüm: Ähnlich der Horrorclowns, die in Deutschland ihr Unwesen treiben, machen uns die Mainzer Angst: die zweitschlechteste Defensive der Liga steht in der Hinserien-Bilanz. Zeit also für uns, die Problemstellen von Mainz 05 zu analysieren, damit der Verein bald wieder singen und lachen kann.

Baumgartlingers Balance: das fehlende Puzzleteil in Mainz

Wie schon in der Vorsaison besticht das Mainzer Spiel unter Trainer Martin Schmidt durch ein laufintensives, aggressives Spiel, welches ein durch lange Bälle aufgezogenes, schnelles Umschaltspiel in der Vertikalen favorisiert.  In der Vergangenheit wurde in der offensiven Mittelfeldreihe insbesondere auf den Außen Geschwindigkeit als oberstes Kriterium ausgerufen; de Blasis, Jairo, aber auch Öztunali, Onisiwo  und Nachwuchstalent Holtmann verfügen über eine starke Grundschnelligkeit, die sie mit einer insgesamt soliden Techniken dazu nutzen, um durch Dribblings auf die gegnerischen Abwehrreihen zu zu steuern und Räume für Stoßstürmer Cordoba, die falsche Neun Muto oder nun auch Sturmtank Denis Seydel zu schaffen. Zudem verfügt Yunus Malli in der Zentrale selbstredend über eine individuelle Klasse, die in der Bundesliga auf der Zehn fast schon einmalig ist. Mainz ist keine Mannschaft, die über Ballbesitzfußball ins Spiel kommt und hat durchaus Schwierigkeiten dabei, das Spiel dominant aufzuziehen. Diese Tatsache und die Anfälligkeit in der Defensive wird durch den Abgang von Julian Baumgartlinger erschwert, der in der letzten Saison der Dreh- und Angelpunkt im Mainzer Spiel schlechthin war. Baumgartlinger sorgte für die Balance zwischen Defensive und Angriff und den Takt auf dem Feld; sein Wechsel ist ähnlich des Abgangs Xhakas aus Gladbach zu bewerten.  Manchmal gibt es dieses eine fehlende Puzzleteil, welches ein Loch in die Stabilität des Systems reißt – dies können wir besonders bei der Fohlenelf und mit Abstrichen auch bei den Mainzern beobachten. Der Verlust des Taktgebers auf der Sechs führt in letzter Konsequenz bei beiden Mannschaften zu fehlendem Zugriff in der eigenen Hälfte. An dieser Stelle muss man auch so ehrlich sein und konstatieren, dass das französische Talent Gbamin zwar über reichlich Potenzial verfügt, jedoch die Fußstapfen Baumgartlingers bei Weitem noch nicht zu füllen vermag (zusätzlich dazu kommen seine Ungeschicktheiten und Frustfouls, die jeder Mainzer Fans schmerzlich beklagen dürfte). Einzig Danny Latza verleiht dem Mainzer Spiel im zentralen Mittelfeld momentan Konstanz und positive Akzente.

Zu den Problemen auf der Sechs gesellt sich eine anfällige Abwehrreihe. Routinier Bungert ist mittlerweile öfter im Lazarett anzutreffen als der Mannschaftsarzt und der zweikampfstarke Leon Balogun ist allenfalls eine solide Ergänzung. Die Stamm-Innenverteidigung wird mittlerweile aus Stefan Bell und Alexander Hack gebildet . Letzterer, dessen Namen das Herz eines jeden Fleischfanatikers höher schlagen lassen dürfte (HIER haben wir für euch auch schon einen Vorschlag für eine neue Tormusik), verfügt über ein überdurchschnittlich gutes Aufbauspiel, von dem das Mainzer Umschaltspiel profitiert – zudem hat er an einen Schwachstellen im Stellungsspiel gearbeitet. Bell begeistert durch seine Antizipation und das Abfangen des Balls („interception“) bei gegnerischern Angriffssituationen. Zudem ist er in der Lage, lange Diagonalbälle zu spielen, die ebenfalls die Mainzer Spielausrichtung bereichern. Alle Innenverteidiger sind von Schmidt zwar insbesondere im Vorwärtsverteidigen geschult worden, werden jedoch durch die Durchlässigkeit im defensiven Mittelfeld oft stark unter Druck gesetzt. Hinzu kommt Bedarf auf der linken Außenverteidigerposition.

Wildern im Westen: zwei Dortmunder für die 05er

Wir halten also fest: das defensive Mittelfeld wirkt überfordert, die Balance im Spiel der Mainzer fehlt. Dies führt zu hohem Druck auf die Innenverteidigung, die zwar von den Anlagen her für Bundesligaverhältnisse überdurchschnittlich gut besetzt ist, jedoch in der Breite verstärkt werden kann. Auch auf der Linksverteidigerposition würde den Mainzern ein Neuzugang gut tun. Hier kommt auch schon unsere erste Transferempfehlung ins Spiel: Dortmunds Eric Durm. Durm, welcher sowohl rechts als auch links in der Viererkette eingesetzt werden kann, würde dem Mainzer Konkurrenzkampf auf den Außenverteidigerpositionen neu entfachen und gleichzeitig einen Qualitätsgewinn bedeuten. Für ihn wird es in Dortmund mittlerweile eng: rechts bekommen Piszczeck und Passlack, links Schmelzer und Guerreiro den Vorzug. Die Chance also für Mainz, diese Planstelle in der Viererkette für die nächsten Jahre adäquat zu besetzen. Gute Beziehungen nach Dortmund pflegen sie ja ohnehin…Alternativ kann auch Nürnbergs Tim Leibold, der im Vergleich zu Nürnberg wieder eine Position zurück rutschen könnte, ins Beuteschema passen.

Wer jetzt eine ausgefallene Empfehlung für die Innenverteidigung erwartet, wird vielleicht enttäuscht: Ich sehe mich gezwungen leider einen Spieler zu empfehlen, der bereits in einem anderen „TK empfiehlt“-Artikel meines Kollegen für Werder Bremen anvisiert worden ist: Neven Subotic. Zwar würde das Mainzer Spiel unheimlich vom Transfer eines modernen Innenverteidigers a la Borja Vallejo profitieren, der geschulte Beobachter weiß jedoch, dass diese im Winter kaum zu bekommen sind. Gleiches gilt für eine echte Verstärkung auf der Sechs oder im Tor (auch hier kann Lössl im Vergleich zu Vorgänger Karius noch nicht zu überzeugen). Subotic könnte der Mainzer Defensive durch seine Erfahrung, seine soliden Verteidigunsqualitäten, seinen Biss und seine Führungsqualitaten gut zu Gesicht stehen und die nötige Stabilität verleihen.  Natürlich ist es nur schwer vorstellbar, dass gleich zwei Borussen den Weg nach Mainz finden – diese Retourkutsche bekommt in Anbetracht der Wechsel Subotics, Zidans und besonders Jürgen Klopps jedoch einen besonders süffisanten Beigeschmack.

Mainz kann mehr als nur Karnevalsverein

Der Mainzer Karnevalstrupp sieht sich nach dem Abgang des Manager-Pistoleros Christian Heidel und der Konsolidierung durch Bundesliga-Bruce Willis Rouven Schröder vor Zugzwang in der Defensive. Die momentane Verteidigungsleistung kann und sollte nicht Anspruch der sich mausernden Mainzer sein. Ein routinierter Maurer mit Erfahrung wie Neven Subotic ist zwar nicht die Wunschlösung, für die Wechselperiode im Winter jedoch eine optimale Verstärkung auf dem Narrenwagen. Falls man auch noch in der Lage wäre, Eric Durm, welcher sich gerne mit WM-Trikot und Plastikpokal verkleidet, aus Dortmund loszueisen, könnte man zwei Planstellen im Karnevalskommitee schließen. Im Sommer wartet dann die Mammutaufgabe für den Sportchef: im defensiven Mittelfeld muss definitiv ein echter König(stransfer) her und auch die Position des Platzhirsches zwischen den Pfosten könnte erneut zur Disposition stehen. Hinzu käme ein möglicher Abgang Yunus Mallis. Es bleibt zu hoffen, dass dieser zumindest bis zum Sommer bleibt und die Mainzer nicht unter noch mehr Druck im Winter setzt. Obwohl es sich gut als Witz eignet: Mainz kann mehr als nur Karnevalsverein und muss es nun auch wieder unter Beweis stellen.

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