Irgendwie ist es in diesem Sommer en Vogue, selbst ausgebildete Spieler zurück in den Heimatverein zu holen. Mats Hummels kehrt nach München zurück und im Gegenzug Götze zum BVB Werder Brmen holt Kruse und Thy zurück. Der war nämlich auch schon an der Weser und an ihn erinnert man sich sogar mehr als an Kruse, hat er doch im grün-weißen Trikot gegen Leverkusen für einen spektakulären Fehlschuss aus einem Meter Entfernung gesorgt. Nur für dieses Missgeschick in Erinnerung zu bleiben ist sowieso nicht schön und deshalb versucht es Thy jetzt nochmal in Bremen. Er hat die Chance auf Wiedergutmachung und Bremen ist für ihn, so oder so, eine „Herzensangelegenheit“.
Jugendnormalo
Nach diversen regionalen Vereinen begann Thys Weg zum Fußballprofi in der Jugend von Werder Bremen, er gab allerdings während seiner U-19 Zeit schon sein Debüt für die zweite Auswahl Werders und wurde für sie in der dritten Liga eingewechselt. Sein erster Einsatz für die erste Elf ließ nicht lange auf sich warten. Er debütierte 2010 in der Championsleague. Das waren noch Bremer Zeiten.
In der darauffolgenden Saison sah es für den jungen Mann ganz gut aus, was ihm allerdings seine weniger gute Chancenverwertung und eben jener erwähnte Fehlschuss gegen Leverkusen am zweiten Spieltag der Saison 11/12 verbauten. Danach fiel er in ein Loch und das ist mit das normalste was einem jungen Fußballer passieren kann. Bremen wusste das und bot ihm eine Verlängerung plus Leihe an, um den Kopf freizubekommen, aber Thy weigerte sich und ging nach Hamburg, um auf dem Kiez seine Entwicklung fortzusetzen. Eine Liga tiefer klappte das so gut, dass er jetzt wieder da ist und es in Bremen nochmals versuchen darf. Aber was hat er auf der Reeperbahn nur gelernt, dass es jetzt besser ist?
Trifft er jetzt aus einem Meter?
Lennart Thy gilt als körperlich robuster Mittelstürmer, der sich durchsetzungsstark im Strafraum präsentiert. Punkt, weiter geht’s. Nein, so einfach machen wir es uns natürlich nicht. Aber es stimmt schon, dass Thys größte Stärke körperliche Attribute sind. Er ist kräftig und wuchtig und recht schnell, allerdings weniger antrittsstark. Er ist der typische Strafraumstürmer, der im und um den Strafraum herum lauert und dann schnell zum Abschluss kommt. Da ist es fatal, wenn man Abschlussschwächen hat. In St. Pauli sollte er diese abgelegt haben, 18 Tore in 107 Spielen sprechen aber eher weniger dafür. Ansonsten kann Thy sich zur Not auch etwas fallen lassen und als hängende Spitze agieren, von wo aus er den Abschluss aus der Ferne sucht. Sein Schuss ist ordentlich und wuchtig und kann auch außerhalb des 16ers gefährlich sein. Sein Dribbling und sein Passspiel sind eher nicht das, worauf Thy sich konzentrieren sollte, außer im Training, um es zu verbessern. Alles in allem ist Thy ein bisher durchschnittlicher Spieler, der in der zweiten Liga ohne Probleme mithalten kann, sich aber auf Primusniveau erst noch beweisen muss. Aber schafft er das in Bremen?
Pizza, Poker, Pause
Machen wir es kurz: In Bremen wartet unglaublich namenhafte Konkurrenz in Person von Claudio Pizarro und Max Kruse. Spieler von anderem Kaliber. Spieler die spielen werden. Pizza und der Pokerspieler werden Thy im Normalfall auf die Bank verdrängen. Aber was ist schon normal? Pizarro geht stark auf die 100, pardon, 40 zu und wird nicht jedes Spiel machen können. Kruse kann seine Position zwar auch spielen, aber auch sehr gut eine Reihe dahinter agieren. Sollte Pizarro eine Pause bekommen, dann muss Thy da sein. Präsent und abschlussstark. Auch um sich bereits jetzt für nächste Saison zu empfehlen, in der Pizarro auch nicht jünger ist. Thys tatsächliche Konkurrenz sind also Johannsson und das Talent Eggstein. Wenn er sie nicht schlägt, schlägt er niemanden.
Thy amo?
In Bremen wird sich niemand über diesen Transfer grämen. Thy kommt ablösefrei und stellt keinerlei Risiko da. Sollte Pizarro ausfallen, wird er Chancen bekommen, die er nutzen muss, besser als damals. Für Thy ist die Rückkehr aber auch ein wichtiger Schritt. Mit 24 Jahren muss er nochmal versuchen, in der Bundesliga Fuß zu fassen, sonst wird das nichts mehr. Er wird in Bremen noch weiter reifen und an sich arbeiten müssen. Im Optimalfall hat Bremen eine ruhige Saison, in der der Klassenerhalt schnell perfekt ist und Claudio Pizarro geht nächsten Sommer in seine mehr als verdiente Fußballrente. Wenn all diese Konstellationen stimmen, dann kann es was werden für Lennart Thy mit der „Herzensangelegenheit“, ansonsten ist die Liebe schnell weg, auch aus einem Meter.
Autor: Tobias Haubert