Gelson Fernandes: Ein Europe Trotter für die Eintracht

Noch ist das bevorstehende Transferfenster für den Sommer nicht geöffnet, doch bereits jetzt verkünden Bundesligisten beinahe täglich erste Verpflichtungen für die kommende Saison. Auch die Frankfurter Eintracht lässt sich nicht lumpen und holt sich mit Gelson Fernandes einen ehemaligen Bundesliga-Profi in den Kader. Was der Transfer des Schweizers für das Team um Niko Kovac bedeutet und welche Chancen dahinterstecken, prüfen wir in unserer neuesten Transferkritik.

Gelson da Conceicao Tavares Fernandes. Viel klangvoller kann ein Name im Fußballgeschäft nicht sein. Geboren auf den Kapverdischen Inseln, verschlug es den Sohn eines Schweizers im Alter von fünf Jahren ins helvetische Kanton Wallis. Dort begann er beim ansässigen Klub FC Sion das Fußballspielen und machte bereits früh auf sich aufmerksam. Im zarten Alter von 17 Jahren debütierte Fernandes in der Challenge League – der 2. Schweizer Liga – in Sions 1. Mannschaft. Nur eine Saison später, inzwischen als Stammspieler fungierend, trug er als zentrale Figur im Mittelfeld maßgeblich dazu bei, dass der zweimalige Schweizer Meister erneut ins Fußball-Oberhaus aufstieg.

Die Leistungen Fernandes‘ blieben in der Folge auch in Europa nicht unbeobachtet, weshalb konsequenterweise auch die ersten ausländischen Vereine sich beim Mittelfeld-Juwel des FC erkundigten. Alle Stationen in der Karriere des Gelson F.  jetzt aufzuzählen, würde den Rahmen dieser Transferkritik sprengen – daher eine kurze Zusammenfassung: England, Frankreich, Italien, Portugal und Deutschland. In nahezu allen großen Ligen Europas kam Fernandes zu regelmäßigen Einsätzen. Als Highlight aus deutscher Sicht ist dabei zweifelsohne sein einjähriges Intermezzo beim Sport-Club aus Freiburg in der Saison 2013/14 zu nennen. Aber auch 59 Spiele für Manchester City, sowie 101 für Stade Rennes stechen in der Vita des Schweizers hervor. Es erübrigt sich zu erwähnen, dass ein Spieler mit derartiger Erfahrung selbstredend auch ein fester Bestandteil der „Nati“ ist. Mit 62 Länderspielen gehört Fernandes zu den aktiven Spielern, die derzeit am häufigsten das rote Gewand der Schweizer Nationalmannschaft überstreifen durften. Zudem war er Bestandteil des Kaders bei den letzten vier großen Turnieren, bei denen die Eidgenossen mitwirken durften.

Nach seiner bislang einsatzreichsten Station in Rennes, zieht es den Schweizer nun erneut nach Deutschland. Für eine kolportierte Ablösesumme von einer halben Millionen Euro verpflichten die Frankfurter einen erfahrenen Sechser – aber was seine Verpflichtung für die Eintracht im Detail bedeutet, wird erst mit Blick auf seine fußballerischen Qualitäten deutlich.

Kleiner Sechser, ganz groß!

Schauen wir uns direkt einmal die großen Stärken von Gelson Fernandes an. Wenn man sich das Spiel des 30-Jährigen anschaut, fallen einem zunächst einmal seine Qualitäten gegen den Ball auf. Im zentralen Mittelfeld oft in Zweikämpfe verwickelt, gewinnt Fernandes fast 60 Prozent dieser; ein beeindruckender Wert, bedenkt man, dass Fernandes letztmalig in der Saison 2010/11 als Spieler von Chievo Verona vom Platz gestellt wurde. Neben seinem fairen Zweikampfverhalten, zeichnet er sich zudem durch zahlreiche Balleroberungen und eine gute Spielübersicht aus. Im Schnitt fängt er so fast drei Bälle pro Partie ab und kann so schnelle Gegenangriffe einleiten. Denn auch das Passspiel von Fernandes lässt sich durchaus sehen. In der abgelaufenen Ligue 1 Saison brachte der Eidgenosse 87 Prozent seiner Zuspiele an den Mann und darf sich in dieser Kategorie durchaus mit den besten der Liga messen lassen.

Andere Fähigkeiten im Spiel nach vorne kommen dabei allerdings deutlich zu kurz. In insgesamt 403 Profieinsätzen seit Karrierebeginn, erzielte Fernandes bislang wettbewerbsübergreifend lediglich 14 Treffer. Für einen Sechser im heutigen Fußball eindeutig zu wenig. Ebenfalls zu wenig für einen defensiven Mittelfeldspieler ist seine Statistik in Luftzweikämpfen. Der 1,79 Meter große Schweizer ist bei Kopfballduellen gegen seine Gegenspieler oft im Nachteil und kann so als Schwachpunkt von der gegnerischen Mannschaft ausgenutzt werden. Da Fernandes mit all seiner angesammelten Erfahrung auf dem Platz auch hier regelmäßig richtige Antworten findet, fällt dieser Mangel letztlich nicht so schwer ins Gewicht.

Vielleicht ist es auch vor allem diese Erfahrung, die Niko Kovac und Freddi Bobic zu einer Verpflichtung des Schweizers bewegt hat. Wie seine Qualitäten im Kader der Eintracht voll zur Entfaltung kommen können, hängt dabei auch vor allem von seiner direkten Konkurrenz ab.

Erfahrung ist Trumpf

Denn in der abgelaufenen Bundesligasaison war vor allem das defensive Mittelfeld der Hessen mit Omar Mascarell und Makoto Hasebe das Prunkstück und Wegbereiter für eine herausragende Hinrunde. Zwar konnte das gesamte Team in der zweiten Saisonhälfte nicht mehr an die Leistungen anknüpfen, jedoch bestand mit dem DFB-Pokalfinale gegen Dortmund bis zuletzt die Chance, im nächsten Jahr im europäischen Geschäft mitzuwirken. Zusätzlich zu den beiden etatmäßigen Sechsern, die zurzeit zwar verletzt sind, aber bis zum Beginn der Saisonvorbereitung wiederkehren werden, erscheint Gelson Fernandes die perfekte Ergänzung.

Im relativ jungen Mittelfeld der Eintracht erscheint ein zweiter, ebenso erfahrener Sechser wie Hasebe von Nöten, um auch in der nächsten Saison den Abstiegskampf zu vermeiden. In wie weit der Neu-Adler jungen Talenten wie Max Besuschkow und Marc Stendera Spielzeit rauben wird, bleibt abzuwarten. Da letzteren, ebenso wie den Japaner, zuletzt immer wieder Verletzungen plagten, erscheint der Transfer des nahezu unverwundbaren Fernandes (#fingerscrossed) nur logisch. Sollten Niko Kovac wiedererwartend alle zentralen Mittelfeldspieler zu verfügen stehen, wird es spannend zu beobachten sein, wie sich dieser entscheidet. Der neue Mittelfeldmotor aus der Schweiz hat bei dieser Entscheidung wohl möglich nicht die schlechtesten Karten.

Mit großer Wahrscheinlichkeit wird Fernandes nicht dazu beitragen können, dass die Eintracht im kommenden Jahr erneut an die internationalen Plätze anknüpfen kann. Betrachtet man aber das gesamte Projekt rund um die SGE, kann der Transfer eines Stabilisators mit solch einem klangvollen Namen nur helfen, Konstanz und Erfolg zurück an den Main zu bringen.

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