Foto: Dennis Brosda © BILD und BILD am Sonntag

Zwischen Millionendeals und Einraumwohnung – Kai Psotta über die Realität im Beratergeschäft

Guten Tag Herr Psotta, Sie kennen sich als Bayern-Chefreporter für die BILD-Zeitung und insbesondere nach Ihrem Buch „Die Paten der Liga – Spielerberater und Ihre Geschäfte“ wie kein Zweiter im Transfer-und Beratergeschäft aus. Worüber handelt Ihr Buch und was macht es besonders?

 KAI PSOTTA: Ich habe mich detailliert mit dem Transfergeschäft und den handelnden Personen auseinander gesetzt. Spielerwechsel werden aus allen Blickwinkeln beleuchtet. Von der Arbeit der Scouts über die Rolle der Eltern bis zur Arbeitsweise von Beratern. Es geht darum, nachvollziehbar aufzuzeigen, wie Transfers genau eingefädelt werden.Welche Machtkämpfe zwischen abgebenden Vereinen und interessierten Klubs stattfinden. Wie Berater um Gehälter verhandeln. Wie schaffen es Berater und Vereine immer wieder, dass trotz gut informierter Journalisten, Transfers immer mal wieder heimlich eingefädelt werden können. Wenn man sich zum Beispiel den FC Bayern München aktuell anschaut, wie sie plötzlich Renato Sanches aus dem Hut gezaubert haben, dann muss man allen Verantwortlichen ein riesen Kompliment machen. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich mir in den Hintern gebissen haben, als Bayern den Transfer vermeldet hat. Ich war ihnen dicht auf der Spur, wusste, dass es Gespräche mit Lissabon gab. Mehr aber noch nicht. Aber zum Glück gelingt es Bayern nicht immer, so im verborgenen Deals einzufädeln. Letztlich ging es mir in meinem Buch aber vor allem darum, mir ein ausgewogenes Bild über Berater und ihre Relevanz im Markt zu machen.

Was meinen Sie mit ausgewogenem Bild?

Sehen Sie: Das öffentlich gezeigte Bild von Spielerberatern ist katastrophal. Die öffentliche Wahrnehmung ist wie folgt: Berater sind geldgierig, arbeiten kaum und noch dazu unseriös und bekommen trotzdem eine Menge Geld dafür. Ich wollte verstehen, warum das Image so schlecht ist. Woher all dieser Vorurteile kommen. Ich wollte mir wirklich mal einen vorurteilsfreies Bild der Branche machen.

 Und warum ist das öffentliche Bild von Beratern so schlecht?

Das hat mehrere Gründe. Zum einen finden sich in den Medien meist nur die negativen Geschichten über Berater. Es ist ja spannender, von vermeintlich korrupten Beratern zu lesen, die wieder Geschäfte in der Grauzone gemacht haben. Dafür interessieren sich die Menschen und Journalisten. Es interessiert sich ja kaum jemand für den Berater, der seinen Job gut macht, einem Spieler wertvolle Karriere-Tipps gibt und in seinem Sinne handelt. Der seriös arbeitende Berater ist eher langweilig, wird nicht beachtet und kaum beschrieben.
Aber mit dem schlechten Berater, dem miesen Trickser, lassen sich Klicks generieren. Dementsprechend gibt es ja kaum eine ausgewogene Berichterstattung über dieses Berufsfeld. Zum anderen ist es natürlich auch einfach, den Beratern die Buhmann-Rolle zuzuschieben. Ein Vereinsmanager, der schlecht verhandelt hat und seinen besten Spieler verliert, kann sich doch ganz einfach hinstellen und den Fans und Medien verkaufen, dass die bösen Spielerberater zu gierig waren und schuld am Wechsel sind. So schiebt er ihnen den schwarzen Peter zu und ist aus der Nummer raus. Und letztlich gibt es einen kleinen Teil von Beratern, die tatsächlich unseriös arbeiten und damit die ganze Branche in Verruf bringen.

Kai Psotta in der Allianzarena
Kai Psotta ist Sportjournalist und berichtet für die Bild-Zeitung täglich über den FC Bayern München. Neben seinem Bestseller „Die Paten der Liga“ hat der 35-Jährige an zahlreichen Biographien von deutschen Sportgrößen gearbeitet.

Was macht für Sie als Experte einen seriösen Spielerberater aus und wie viele schwarze Schafe gibt es wirklich im Beratergeschäft?

Der Großteil der Berater in Deutschland arbeitet vernünftig und wohl überlegt. Es gibt viel mehr Berater, die an das
Wohl ihrer Klienten und nicht primär an ihren Geldbeutel denken. Die eine sinnvolle Karriereplanung machen. Die sich trauen, ihren Spielern zu widersprechen, sie auf den Boden der Tatsachen zurückholen, wenn sie die Bodenhaftung verlieren. Auch das ist nämlich eine wichtige Eigenschaft: man muss seinem Spieler auch mal contra geben und ihn vorm Abheben bewahren. Aber es gibt natürlich auch vereinzelt Berater, die 40 Jahre alt sind, in einem 35 Quadratmeter Apartment wohnen, ein Prepaid-Karten-Handy benutzen und in ihrem Leben selbst nicht zurecht kommen: dass solche Menschen dann meinen, jungen Sportlern Lebens- und Karriereratschläge erteilen zu dürfen, ist natürlich fahrlässig.

Ein Hauptstreitpunkt des schlecht behafteten Berufsbildes des Spielerberaters sind die hohen Provisionen und viele Fans werfen Beratern rein monetäre Interessen vor. Wie sieht die Realität aus und wie verdienen Berater Geld?

Das öffentliche Bild ist ja ein bisschen verzehrt. Es wird ja nicht über die Berater-Provision diskutiert, wenn ein vollkommen durchschnittlicher Spieler von Darmstadt zu Stuttgart wechselt. In den Medien werden die hohen Berater-Provisionen ja genau dann thematisiert, wenn außergewöhnliche Transfers stattfinden. Also wenn außergewöhnliche Spieler von einem großen Verein zu einem anderen Spitzenklub wechseln. Um es noch deutlicher zu sagen: wenn zum Beispiel ein Spieler, der den Unterschied in einem WM-Finale oder Champions-League-Finale macht, von Bayern zu Real Madrid wechselt. Von dieser Sorte Spieler gibt es vielleicht zwanzig auf der Welt. Für diese Sorte Spieler sind die Vereine bereit, irrwitzige Sachen zu machen. Bei solchen Spielern setzt manchmal sogar der Verstand von Sportdirektoren oder Präsidenten aus und sie tun alles, um ihren Fans solch einen Spieler zu holen. In diesem seltenen Fall sind die Ablösesummen astronomisch hoch, es werden, um Uli Hoeneß zu zitieren, Mondpreise bezahlt. Die Gehälter sprengen den Rahmen. Und letztlich kassieren auch die Berater entsprechende Provisionen. Ich würde auch hier also davon absehen, nur über die Berater den Kopf zu schütteln. Man könnte allerdings grundsätzlich darüber diskutieren, ob im Fußball zu viel Geld verdient wird. Ob in der Spitze die Ablösesummen und Gehälter und Provisionen nicht zu hoch sind – da würde ich zum Beispiel ganz allgemein ganz klar „ja“ sagen.“ Ansonsten lassen Sie mich bitte noch eines erklären…

Bitte.

Die Bezahlung von Berater ist ja vielschichtig. Grundsätzlich gilt: Berater kassieren rund sieben bis 13 Prozent vom Grundgehalt des Spielers, eine Provision die vom Verein bezahlt wird. Also: verdient ein Spieler 10 Millionen Euro im Jahr, gibt es für den Berater eine Million. Verdient der Spieler nur 500 000 Euro jährlich, sind es für den Berater auch „nur“ 50 000. Das heißt streng genommen erst mal: dem Berater sollte daran gelegen sein, dass sein Klient eine gute Karriere hinlegt. Denn wenn er gut spielt, steigt sein Gehalt und damit auch die Provision des Beraters. Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche Möglichkeiten, die für Berater und Vereine interessant sein können. Lassen Sie mich ein Beispiel, das ich auch so im Buch erläutert habe, erzählen. Es geht um Ausstiegsklauseln. Karl-Heinz Rummenigge hat dazu einmal erklärt: ‚Ausstiegsklauseln werden oft dann verwendet, wenn Vereine nicht bereit sind, marktgerechtere Gehälter in der Spitze zu bezahlen’ Wenn man etwa das Gehalt um eine Million im Jahr drücken will, dann werde das von den Beratern nur unter der Bedingung akzeptiert, dass eine Ausstiegsklausel in den Vertrag geschrieben wird. Rummenigge: ‚Ausstiegsklauseln sind ein probates Mittel für einen Preis, der nicht marktgerecht ist, sondern darunter, um vorzeitig aus einem Vertrag rauszukommen.’ Das Problem für den Verein sei dann allerdings: ‚Du bist nicht mehr Herr des Ablaufs. Du kannst nichts mehr machen. Dir wird nur noch mitgeteilt, dass ein Verein die Ausstiegsklausel bereit ist zu zahlen.’ So wie es Bayern einst bei Mario Götze machte oder bei Javi Martínez. Aus Sicht der Berater klingt die Begründung für eine Ausstiegsklausel so: ‚Im Moment der Unterschrift scheint alles perfekt – sonst gäbe es ja auch die Unterschrift nicht. Der Spieler ist glücklich, der Verein, der Berater, alle. Aber vielleicht ist der Verein zwei Jahre später nicht mehr groß genug für den Spieler. Vielleicht entwächst er dem Verein. Wenn man das nicht vorausgesehen hat, keine Ausstiegsklausel hat, dann kommt vielleicht einmal in deinem Leben der große Verein und du darfst nicht raus – du verpasst den Absprung und bleibst für ewig beim kleinen Verein.’

Kai Psotta mit Frank Ribery
Kai Psotta: „Der Großteil der Berater in Deutschland arbeitet vernünftig und wohl überlegt. Es gibt viel mehr Berater, die an das Wohl ihrer Klienten und nicht primär an ihren Geldbeutel denken. Die eine sinnvolle Karriereplanung machen. Die sich trauen, ihren Spielern zu widersprechen, sie auf den Boden der Tatsachen zurückholen, wenn sie die Bodenhaftung verlieren“ Foto: Dennis Brosda © BILD und BILD am Sonntag

Wenn sich dann tatsächlich ein Transfer anbahnt, gibt es mehrere Varianten, wie man als Berater mit der Ausstiegsklausel umgeht. Man kann sie verschweigen oder bewusst lancieren.

Fiktive Variante eins: Paris Saint-Germain möchte einen Spieler von Schalke 04 aus dem laufenden Vertrag kaufen. Die Franzosen sind bereit, fünfzig Millionen Euro zu bezahlen. Der Berater ist nicht an der Transfersumme beteiligt. Es gibt aber eine Ausstiegsklauseln, von der bis dato niemand etwas weiß. Er könnte also bei PSG anrufen und sagen: „Ich gebe euch einen Tipp, mit dem ihr richtig Geld spart. Der kostet euch allerdings ein bisschen. Mein Spieler hat eine Ausstiegsklausel von dreißig Millionen.“ Paris würde durch diesen Tipp zwanzig Millionen sparen. Einen Teil würde der Klub dafür an den Berater zahlen.

Fiktive Variante zwei: Paris Saint-Germain möchte einen Spieler von Schalke 04 aus dem laufenden Vertrag kaufen. Die Franzosen sind bereit, fünfzig Millionen Euro zu bezahlen. Es gibt aber eine Ausstiegsklausel in Höhe von dreißig Millionen, von der bis dato niemand etwas weiß. Der Berater ist mit zehn Prozent an der Transfersumme beteiligt, zudem gibt es die Vereinbarung, dass der Verein und der Spieler sich die Summe teilen, die oberhalb der Ausstiegsklausel erzielt wird. In diesem Fall würden Schalke und der Berater, dafür, dass er den Mund gehalten hat, jeweils zehn Millionen kassieren.

Fiktive Variante drei: Schalke hat einen Spieler ohne Ausstiegsklausel, den Bayern München verpflichten möchte. Der Verein braucht Geld, ist an einem Verkauf interessiert. Plötzlich bietet auch Manchester City mit. Bayern bietet dem Berater eine Belohnung dafür, dass er es bewerkstelligt, dass die Telefondrähte nach England gekappt werden.

All diese Geschäftspraktiken kommen Sommer für Sommer auf dem Transfermarkt vor. Auch folgender Deal ist Realität: Ein Bundesligist will einen Spieler aus dem europäischen Ausland verpflichten. Das Maximum, das der Verein noch ausgeben kann, sind 3,5 Millionen. Der andere Verein ruft aber fünf Millionen für den Spieler auf, behauptet, es gäbe mehrere Optionen. ‚Entweder ihr zahlt die fünf Millionen oder er geht woanders hin’, verkündet der Präsident dem interessierten Bundesligisten. Doch der Berater ist stark daran interessiert, dass sein Spieler nach Deutschland geht und vereinbart eine Strategie mit dem interessierten Bundesligisten. ‚Ich behaupte ab jetzt, dass es außer eurem Angebot kein anderes gibt. Sollte es welche geben, blocke ich sie ab.’ Außerdem verrät der Berater dem Bundesligisten noch: ‚Sein jetziger Verein ist pleite. Die haben nichts mehr. Die können die Gehälter nicht mehr rechtzeitig bezahlen. Die müssen an Geld kommen. Die lassen meinen Jungen auch für zwei Millionen gehen.’ Und genau so kommt es: Statt für fünf Millionen wechselt der Spieler für 2,5 Millionen in die Bundesliga.

‚Auf der einen Seite schimpft man immer auf die Berater. Auf der anderen Seite braucht man sie aber genau für solche Informationen’, verrät der Manager, der diesen Deal gemacht und vom Insiderwissen des Beraters profitiert hat. ‚So einen Tipp bekommt man natürlich nicht für 50 000 Euro. Das kostet einen schon mal 150 000 Euro. Am Ende haben wir über 2,5 Millionen Euro Ablöse gespart. Es hat sich auf jeden Fall gerechnet.’

Sie porträtieren in Ihrem Buch einige Schwergewichte der Berater-Szene und sprachen mit vielen Spielerberatern im Vorfeld zur Erstellung dieses Buches. Welche Gemeinsamkeiten konnten Sie bei den führenden Köpfen der Szene erkennen?

Die großen Berater sind allesamt Workaholics. Das Klischee, dass sie viel Geld fürs Nichtstun bekommen, stimmt so nicht. Jorge Mendes trägt immer mehrere Handys mit sich rum. Er ist rund um die Uhr erreichbar. Ich erinnere mich an ein zweistündiges Gespräch mit einem Berater, der während dieser Zeit 32 Anrufe bekommen hat. Gute Berater haben ein breitflächiges Netzwerk. Sie haben die Telefonnummern der wichtigsten Entscheider – und die Entscheider nehmen auch ab, wenn sie anrufen und hören ihnen zu. Eine nicht zu unterschätzende Kleinigkeit. Es ist ein Leichtes, mir die Handynummer von nahezu allen Spielern und Vereinsbossen zu besorgen. Aber nur weil ich sie habe, heißt das noch lange nicht, dass sie mir etwas nützen. An ihnen unbekannte Nummern gehen nur die wenigsten. Man muss die Nummern direkt bekommen und auch bei den Fußballgrößen im Adressbuch stehen, denn nur dann nützt es etwas. Und letztlich haben die führenden Berater Insiderwissen. Sie wissen lange vor der Öffentlichkeit, nach welchen Spielern Vereine suchen, wie das Transfer-Profil ausschaut. Man muss schnell sein und schnell seine Ideen umsetzen.

Kai Psotta
Kai Psotta: „Um Transfers geheim zu halten müssen sich alle Seiten viel einfallen lassen. Hotelzimmer werden auf falsche Namen gebucht. Es gibt minutiöse Ablaufpläne, wann man sich wo trifft. Heißt: man legt sogar fest, welche Partei zuerst mit dem Aufzug nach oben fährt. Es wird alles vermieden, um öffentlich gemeinsam entdeckt zu werden“ Foto: Dennis Brosda © BILD und BILD am Sonntag

Einige hochklassige Spieler werden von Familienangehörigen beraten, wie beispielsweise Ilkay Gündogan, bei dem der Vater eine große mediale Rolle spielt. Wie stehen Sie zu der Beratung der Familie?

Ich glaube, dass es am sinnvollsten ist, wenn Familienangehörige vertrauensvoll mit Berater zusammen arbeiten. Darin sehe ich das Erfolgsgeheimnis. Alleine, ohne Berater, würde ich niemandem dazu raten, das eigene Kind zu vertreten. Weil Eltern nie ganz objektiv sind. Weil sie nie emotionslos bei der Beurteilung der Leistung ihres Kindes sind. Weil sie vielleicht noch einen Job haben, der Zeit kostet. Teil-Zeit-Berater funktioniert in der heutigen Zeit nicht mehr. Man kann nicht mal eben nebenher die Karriere eines hoffnungsvollen Talentes steuern. Vor allem: woher sollen Väter die Kontakte zu Vereinen haben? Woher sollen sie an Insiderinformationen kommen? Woher sollen sie marktübliche Preise kennen? Hinzu kommt noch, dass sich Kinder irgendwann von ihren Eltern abnabeln. Irgendwann gibt es eine Trotzphase, in der man sich nichts von seinem Vater sagen lassen will. Wo ein guter Ratschlag nach hinten losgeht.  Kritik am eigenen Kind ist schwer. Da kann ein objektiver Berater hilfreich sein.

Viele minderjährige Spieler wechseln jährlich die Vereine und werden früh angesprochen mit der Aussicht auf eine Profi-Karriere. Welche gängigen Tricks werden eingesetzt, um die Familien von einem Wechsel zu überzeugen.

Es gibt tatsächlich Berater, die sich die Gunst der Eltern erkaufen wollen. Die Geld auf den Tisch legen oder ein Auto vor die Tür stellen, damit sie ein Kind mit großem Talent künftig vertreten dürfen. Dr. Michael Becker, der Berater von Michael Ballack, pflegte immer zusagen: „Jeder Spieler hat den Berater, den er verdient.“ Nicht ganz falsch: wenn Eltern meinen, dass ihr Kind bei so einem Berater richtig aufgehoben ist, werden sie schon sehen, wohin sein Weg führt. Für mich persönlich wäre das Geld nicht das ausschlaggebende Kriterium. Allerdings muss man auch hier relativierend sagen: es sind nicht nur die Berater, die sich die Gunst von Eltern erkaufen wollen. Es ist teilweise auch so, dass Eltern talentierter Kicker mehrere Berater einbestellen und von sich aus aktiv fordern: „Was bieten sie mir für mein Kind? Vor ihnen war schon ein Berater da, der hat xy Euro auf den Tisch gelegt.“

Die Paten der Liga
In seinem Buch „Die Paten der Liga – Spielerberater und ihre Geschäfte“ liefert Psotta sehr tiefgehende Einblicke hinter die Kulissen des Transfer-und Beratergeschäftes. Ein Muss für alle Leser, die sich zudem für die Geheimnisse der deutschen und internationalen Spielerberater, sowie wirklichen Hintergründe aktueller Transfers interessieren!

Der FC Bayern München wickelte in diesem Sommer mit Hummels und Sanches zwei Transfers ab, bei denen das Hummels-Interesse frühzeitig an die Öffentlichkeit gelang, jedoch der Sanches-Transfer unerwartet kam. Sie verglichen Vertragsverhandlungen beim FCB mit einem Spionage-Thriller. Wie dringen Wechselgerüchte an die Öffentlichkeit und welche Rolle spielen hierbei die Spielerberater?

Um Transfers geheim zu halten müssen sich alle Seiten viel einfallen lassen. Hotelzimmer werden auf falsche Namen gebucht. Es gibt minutiöse Ablaufpläne, wann man sich wo trifft. Heißt: man legt sogar fest, welche Partei zuerst mit dem Aufzug nach oben fährt. Es wird alles vermieden, um öffentlich gemeinsam entdeckt zu werden. Spieler werden mit Privatjets eingeflogen, dann in abgedunkelten Limousinen vom Rollfeld abgeholt, später durch die Tiefgarage in Hotels gebracht. Restaurants werden durch verschiedene Eingänge verlassen. Man trifft sich in anderen Städten. Bayern und Dortmund haben sich zum Beispiel wegen Mats Hummels in Düsseldorf getroffen, auf neutralem Boden, damit die Gefahr unentdeckt zu bleiben, gering ist. Aber irgendwann wird der Kreis der Informierten zu groß. Man ist ja schnell bei 30 Leuten, die irgendwann eingeweiht sind. Die Sekretärinnen der Sportdirektoren. Die Ärzte und Schwestern, die den Medizincheck machen. Der Fahrer. Spätestens wenn der Punkt erreicht ist, wo ein Transfer durch ist, wird man beim abgebenden Verein geschwätziger, auch aus Frust, einen Spieler verloren zu haben. Es kann aber auch sein, dass Berater bewusst Verhandlungen mit einem Spieler streuen, um den Marktwert und das Gehalt in die Höhe zu treiben. Oder glauben Sie wirklich, dass die Abschüsse von Beratern auf VIP-Tribünen bestimmter Vereine Zufall sind? Nein! Da soll oftmals Druck aufgebaut werden.

Als Bayern-Reporter der Bild-Zeitung sind Sie ein absoluter Experte über Transfers an der Säbener Straße. Über 70 Millionen wurden investiert: Wie schätzen Sie die Verpflichtungen von Hummels und Sanches sportlich ein?

Großartig für Bayern und seine Fans. Schlecht für den Rest der Bundesliga. Denn ich glaube, dass Bayern die kommenden Jahre ständig Meister wird und es keinen ernstzunehmenden Herausforderer gibt. Leider. So einfach wird Dortmund Hummels nicht eins zu eins ersetzten.

Wie schätzen Sie die Perspektiven von Mario Götze in der kommenden Saison beim FC Bayern München ein und könnte ein Wechsel ins Ausland seiner Karriere wieder mehr Aufschwung verleihen?

Mario Götze ist ein großartiger Junge. Ein toller Fußballer. Er wird in seiner Karriere noch viele Titel sammeln. Aber
nicht bei Bayern München. Guardiola wollte lieber Neymar, er hat seinen Wunschspieler nicht bekommen. Die Quittung dafür hat Götze bekommen. Aber diese drei Jahre können auch wichtig für die Persönlichkeitsbildern sein. Götze wird sehr viel mitnehmen, ist reifer geworden, hat es erlebt, wie man sich in schweren Zeiten durchbeißen muss. Er hat sich nichts vorzuwerfen, hat sich angeboten. Wenn er bei seinem nächsten Verein wieder extreme menschliche Nähe vom Trainer spürt, wird er aufblühen und verblüffen.

Vielen Dank für das ausführliche Interview!

Kai Psotta, Jahrgang 1981,  ist Sportjournalist und berichtet als BILD-Chefreporter täglich über den FC Bayern München. Zudem ist der bestens vernetzte Psotta als Buchautor tätig, wo er nach Tätigkeiten als Co-Autor für Bela Rethy, Dirk Bauermann und Fabian Hambüchen es mit seinem Buch „Die Paten der Liga“ in die Spitze der Bestseller-Listen im Fußball-Bereich bei Amazon schaffte.

„Paten der Liga“ bei Amazon

Video-Reihe über die Arbeit von Psotta

Facebook-Kommentare