Belhanda zu Schalke 04

Im Süden Frankreichs erblickten in den letzten Jahrzehnten so einige Fußballspieler mit nordafrikanischen Wurzeln das Licht der Welt. Weltstar Zinédine Zidane, der nun Real Madrid trainiert, kickte beispielsweise ebenso in Marseille auf einem Bolzplatz wie Samir Nasri von Manchester City. Beide Spieler algerischer Herkunft haben herausragende fußballerische Fähigkeiten, jedoch auch einen nicht immer ganz einfachen Charakter. Younès Balhandas Wurzeln liegen ebenfalls im Maghreb, jedoch in Marokko und nicht in Algerien. Auch er wurde im Süden Frankreichs, in Avignon, geboren und entschied sich nach Spielen in Frankreichs U20 aber später für die marokkanische Fußballnationalmannschaft. Als Schalke ihn nun für ein halbes Jahr von Dynamo Kiew auslieh, dürfte die Hoffnung groß gewesen sein, dass er weniger in seinem Temperament, sondern vielmehr im fußballerischen Bereich den beiden erstgenannten (Ex-)Spielern ähnelt. Denn damit könnte er der königsblauen Offensive in der Rückrunde deutlich auf die Sprünge helfen.

Sportliche Vergangenheit
Schon mit 13 Jahren kam Belhanda zu HSC Montpellier, spielte dort zunächst bis 2009 in der Jugend und der zweiten Mannschaft, ehe die Profikarriere richtig startete. In der Meistersaison Montpelliers, 2011/2012, war er längst Stammspieler und trug mit zwölf Toren und sechs Vorlagen erheblich zum Liga-Triumph bei. Allerdings verpasste er auch einige Spiele aufgrund zweier Roter Karten – sicherlich nichts Außergewöhnliches bei einem 21-Jährigen, aber man fühlt sich hier doch ein wenig an einen heißspornigen Zinédine Zidane erinnert. Nichtsdestotrotz wurde er zum Nachwuchsspieler des Jahres der Ligue 1 gewählt, definitiv ein gutes Omen für die Zukunft. Noch eine weitere Saison blieb er in Montpellier, bevor ihn Dynamo Kiew im Juli 2013 für knapp zehn Millionen Euro holte. Nach einer guten Anfangsphase ließen die Leistungen jedoch bald nach und man konnte das Gefühl bekommen, Belhanda fiele es schwer, sich in der Ukraine einzuleben. Nach zuletzt nur wenigen Startelf-Einsätzen folgt nun der Wechsel ins Ruhrgebiet, wenn auch nur auf Leihbasis.

Stärken/Schwächen und Spielertyp
Younès Belhanda bringt alles mit, um das Schalker Offensivspiel gut verstärken zu können. Er besitzt eine gute Technik, ist schuss- und laufstark. Als ausgewiesener Ballkünstler kann er gut dribbeln, den Ball behaupten, Tore schießen und auch vorbereiten. André Breitenreiter kann ihn auf allen drei offensiven Mittelfeldpositionen einsetzen, am stärksten ist Belhanda aber vermutlich als Zehner. Hier, im Zentrum, kann er vielfältig kreativ tätig werden und Bälle nach außen verteilen, den Pass in die Tiefe spielen, ins Dribbling gehen und auch selbst den Abschluss suchen. Als Schwäche ist anzusehen, dass er sich manchmal nicht genug in die Defensivarbeit einbindet. Außerdem kann er durchaus in Lustlosigkeit verfallen, wenn es mal nicht läuft. Besonders dann, wenn er auf der Bank schmoren muss. Charakterlich könnte er also nicht ganz einfach sein. Und gerade einen Spieler, der nur noch zusätzliche Unruhe stiftet, kann Schalke in keinem Fall gebrauchen. Denn noch mehr als schön anzuschauenden, technisch guten Fußball werden im Revier Wille, Einsatz und Kampf hoch geschätzt. Ob Belhanda diese Mentalität verinnerlichen und zum Beispiel auch sprachliche Hürden überwinden kann, muss er unter Beweis stellen.

Sportliche Situation
Mit Platz 6 und 27 Punkten steht man nach der Hinrunde und einem gewissen mannschaftlichen Umbruch im Sommer recht gut da. Einem starken Saisonstart folgte eine Durststrecke, in der Johannes Geis und mit ihm besonders das kreative Element in Schalkes Mittelfeld vermisst wurde. Sobald Geis wieder dabei war, lief es dann wieder besser und die Hinrunde wurde noch versöhnlich beendet. Trotzdem erkannten die Schalker Verantwortlichen richtiggehend, dass man vor allem im Mittelfeld noch nachbessern musste. Für das defensive Mittelfeld, die Zehner-Position und die Außenbahnen mussten noch Verstärkungen her, um den königsblauen Kader besonders in der Breite, aber durchaus auch in der Spitze zu verstärken. Younès Belhanda füllt solch eine Planstelle im offensiven Mittelfeld aus. Ob er jedoch wirklich auf der Zehn spielen wird, ist fraglich. Denn André Breitenreiter ließ zumeist zwei Stürmer, zwei Außenspieler und im zentralen defensiven Mittelfeld Geis und Goretzka spielen. Bleibt es bei diesem System, müsste sich Belhanda auf den Außen mit Meyer, Sané oder Choupo-Moting um einen Startelf-Platz duellieren, selbst Alessandro Schöpf kommt zu diesem Konkurrenzkampf nun noch hinzu. Möglich wäre es vielleicht auch, Belhanda als hängende Spitze, zum Beispiel hinter Huntelaar, spielen zu lassen. Welche Position er letztendlich dauerhaft bekleiden wird oder ob er mal hier, mal dort spielt, bleibt abzuwarten. Sicherlich wird er aber anfangs erstmal eine Art Ergänzungsspieler sein, der sich mit guten Leistungen für weitere Einsätze empfehlen muss.

Fazit
Geht der Plan mit Belhanda auf, wird er zu einer echten Bereicherung für Schalke. Doch das wird sich wohl noch im Kopf des Marokkaners entscheiden müssen. Denn ist er nicht gewillt, alles zu geben, kann das Leihgeschäft schnell zu einer Enttäuschung für beide Seiten werden. Überzeugt er aber, ist ein Kauf des Marokkaners im Sommer nicht ausgeschlossen. Zwar beinhaltet die Leihe keine Kaufoption, aber notfalls wird man für einen wertvollen, auf Schalke schon integrierten Spieler auch etwas mehr Geld ausgeben. Ein paar Millionen aus dem Draxler-Transfer sind schließlich immer noch vorhanden. Doch all das ist nur erwägenswert, wenn Younès Belhanda tatsächlich eher die fußballerischen Stärken, denn die charakterlichen Probleme eines Zidane oder Nasri aufzeigt.

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