Transferabrechnung: TSG 1899 Hoffenheim

Billig kaufen, teuer verkaufen. Nach diesem Prinzip ist die TSG 1899 Hoffenheim in den letzten Jahren häufiger gefahren. Geschehen mit Spielern wie Carlos Eduardo, Luiz Gustavo oder aktuellstes Beispiel Roberto Firmino. 41 Millionen spülte der Firmino-Transfer nach Liverpool der Turn- und Sportgemeinschaft in die Kasse. Wie und ob das Geld sinnvoll reinvestiert wurde, nimmt Transferkritiker.de genauer unter die Lupe.

Verstärkung

Der vom SC Freiburg gekommene Jonathan Schmid kam bisher in allen Pflichtspielen zum Zug. Der offensive Mittelfeldspieler erzielte dabei drei Tore und ist nach Volland treffsicherster Akteur bei der TSG. Neben dem Platz ist er ein ruhiger, zurückhaltender Genosse, auf dem Platz jedoch ein explosiver, dribbelstarker Wirbelwind mit starken Standards, der nicht nur mit extravaganten Frisuren für Aufsehen sorgt. Der gebürtige Straßburger spielt unter Stevens als offensiver Außenspieler genauso eine wichtige Rolle wie im System unter Gisdol.

Mitläufer

Pavel Kaderábek machte bei der U21-EM auf sich aufmerksam. Der Tscheche gehörte bei der TSG 1899 Hoffenheim unter Gisdol zum Stammpersonal. In der ersten Partie unter Stevens spielte der 23-Jährige auf der rechten Abwehrseite von Beginn, machte aber sein bislang schwächstes Spiel für die TSG. Folge: Gegen Frankfurt stand er nicht einmal mehr im Kader und wurde durch Defensiv-Allrounder Tobias Strobl ersetzt. Der bei Sparta Prag ausgebildete Nationalspieler interpretiert seine Position sehr modern und offensiv, wenn auch bisweilen die Defensivarbeit in der Rückwärtsbewegung etwas darunter leidet. Dies könnte ihm unter Defensiv-Spezialist Stevens zum Verhängnis werden. Der Außenverteidiger läuft sehr viel (pro Spiel fast 10 km), ist schnell und spielt solide. Ähnlicher Spielertyp wie sein Vorgänger Andreas Beck, aber kein Führungsspieler, der auf und neben dem Platz den Mund aufmacht.

Der vermeintliche Top-Transfer der TSG 1899 Hoffenheim war in diesem Sommer Eduardo Vargas. Sechs Millionen Euro überwies die TSG an den SSC Neapel. Für viele Fußballbegeisterte war der Wechsel des Top-Torschützen der Copa América eine Überraschung. Der giftige und technisch starke Angreifer hat bei den Kraichgauern aber noch nicht so eingeschlagen, wie es die Verantwortlichen und Fans von ihm erhofft haben. Erst ein Torerfolg und vier Assists stehen auf der Habenseite des 25-jährigen. Mit seiner non-linearen Spielweise, bei der er besonders im chilenischen Nationalteam mustergültig Torgefahr mit Physis und Technik verknüpft, sollte es allerdings nur eine Frage der Zeit sein, bis er auch in Hoffenheim durchstartet und seine Trefferquote erhöht.

Marc Uth spielte sich mit einer starken Saison 2014/2015 beim SC Heerenveen auf den Notizblock von Alexander Rosen. In der holländischen Eredivisie traf er 15 Mal und bereitete elf weitere Tore vor. Bei der TSG stand er bislang dreimal in der Startelf, zuletzt beim Stevens-Debut gegen Köln. Bei Hoffenheim sucht er noch seine feste Position. Muss sich wohl, aufgrund der großen Konkurrenz im Offensiv-Bereich, mit der Rolle des Ergänzungsspielers begnügen. Menschlich gesehen hat sich der schnelle, mit technischer Finesse agierende Offensivallrounder gut eingefunden.

Enttäuschung

13 Champions-League- und 15 Europa-League-Spiele hat Fabian Schär bereits bestritten. Dazu kommen noch etliche in der Super League und im Schweizer Pokal. Der Schweizer Nationalspieler kam als neuer Abwehrchef und Stabilisator vom FC Basel zur TSG. In den ersten Spielen gehörte er noch zum Stammpersonal, fiel aber eher durch schlechtes Zweikampfverhalten (nur 47% gewonnene Zweikämpfe) und Stellungsspiel auf, anstatt zu überzeugen. Hat außerdem im Vergleich zu seinen Konkurrenten Niklas Süle, Ermin Bicakcic und Tobias Strobl die schlechteste Passquote. Seit dem sechsten Spieltag ist der Innenverteidiger nur noch Bankdrücker. Unter Stevens spielte er nicht einmal nach der gelb-rot Sperre von Bicakcic gegen den 1. FC Köln. Beim FC Basel fiel er noch mit starkem Aufbau-und Passspiel und akribischem Stellungsspiel auf. Konnte die in ihn gesetzten Erwartungen nicht annähernd erfüllen.

Einer der prägenden Figuren des ersten Jahrzehnts nach der Jahrhundertwende in der Fußball-Bundesliga war Kevin Kuranyi. Der gebürtige Brasilianer war über Jahre hinweg beim VfB Stuttgart und FC Schalke 04 ein treffsicherer Mittelstürmer, der, mit Ausnahme seiner Premierensaison beim VfB Stuttgart 2001/2002, in jeder Spielzeit in der Bundesliga immer zweistellig traf. In Hoffenheim erfüllt der ehemalige deutsche Nationalspieler häufig nur die Rolle des Edeljokers. Bleibt bei seinen Einsätzen überraschend farblos und ohne wirkliche Bindung zum Spiel. Noch ohne Torbeteiligung in neun Bundesliga- und DFB-Pokal-Einsätzen. War nach zwei Spielen auf der Tribüne unter Stevens erstmals wieder im Kader. Gegen Frankfurt durfte er mal wieder von Beginn an ran – Ließ aber jegliche Führungsqualitäten, Torgefahr und andere wichtige Attribute eines Mittelstürmers vermissen.

Nicht bewertbar

Vom Brasilianer Joelinton erhofft sich die TSG wohl einen ähnlichen Durchbruch, wie etwa bei seinen Landsmännern Firmino, Eduardo und Gustavo. Kaufen und gewinnbringend verkaufen. Für 2,2 Millionen Euro wechselte der 19-jährige Stürmer nach Hoffenheim. Bleibt abzuwarten, inwieweit ihm die Umstellung zur deutschen Fußball-Bundesliga gelingt. Bislang noch ohne Einsatz.

Fazit

Gute 23 Millionen gab die TSG 1899 Hoffenheim im Sommer für Transfers aus. Betrachtet man die momentane Tabellensituation und die Spielweise der TSG war die Transferpolitik im Sommer, mit Ausnahme von Schmid, ein Griff ins Klo. Weder der hoch gehandelte Vargas, noch die international erfahrenen Schär und Kuranyi konnten die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen. Hinzu kommt, dass die abgewanderten Stammkräfte Beck und Firmino bislang noch nicht adäquat ersetzt werden konnten. Bei der TSG mangelt es an Führungsspielern, die auf und neben dem Platz das Team mitziehen. Schär und Kuranyi sind eher mit schlechten Leistungen als mit großen Worten und Taten aufgefallen. Auch der Trainerwechsel brachte in den ersten beiden Partien keinen neuen Schwung in die Mannschaft. Grundsätzlich haben die Neuzugänge (noch) nicht so eingeschlagen, wie man es sich von Ihnen erhofft hat. Kommt es zu keiner Leistungssteigerung und will die TSG bis zum Ende der Saison nicht gegen den Abstieg spielen, muss im Winter positionsspezifisch nachgebessert und korrigiert werden.

Facebook-Kommentare