Krkic Krtik: Drei, zwei, eins….Mainz!

„Bojan, Bojan, Bojan…“: Sprechchöre hallten durch das altehrwürdige Camp Nou, als ein damals 17-jähriger im Ligaspiel zwischen dem FC Barcelona und Real Valladolid die Fans verzauberte. Es war nicht die erste Glanzleistung, die Bojan Krkic Pérez im Trikot der Katalanen an den Tag legte, jedoch eine der denkwürdigsten. Zu seinem Bedauern – und auch dem der Barça-Anhänger – konnte Krkic sein angedeutetes Potenzial nie vollends ausschöpfen. Eine Reise durch Europa, von Spanien nach Italien über die Niederlande hinweg nach England, verschlägt eines der ehemals größten Talente des spanischen Fußballs nun nach Mainz. Ein Transfer aus der Kategorie „aus heiterem Himmel“ – rein gar nichts hat auf diesen Wechsel hingedeutet und alle Stellen hielten bis zum Ende dicht. Wir schauen uns an, was der Wechsel Krkics für Mainz bedeutet, und ob seine Verpflichtung die durch Yunus Mallis Abgang entstandene Lücke wirklich schließt?

Viel Lärm um nichts?

Bojan Krkic galt als eines der größten Talente in der Geschichte des spanischen Fußalls. Nicht wenigen Beobachtern schlotterten die Knie, bei dem Gendanken, dass der FC Barcelona bald neben dem ohnehin schon unmenschlich scheinenden Lionel Messi noch einen zweiten, scheinbar unaufhaltsamen Spieler in ihren eigenen Reihen haben. Doch auf die glorreichen Anfangsjahre bei den Profis folgte bald Ernüchterung. Bereits in seiner zweiten Saison verdeutlichte sich, dass Bojans vor allem mit einem engen Verhältnis zu seinem Trainer abhängt. Was unter Frank Rijkard noch selbstverständlich erschien, erwies sich unter Pep Guardiola deutlich schwieriger. Seine Startelfeinsätze wurden weniger und auch die Leichtigkeit, mit denen er zu Beginn noch die Fans auf dem Platz verzauberte, bekamen die Zuschauer immer weniger zu sehen.

Folglich griff man in Barcelona auf die heutzutage so beliebte Methode des Spieler-Verleihens zurück. Rom, Mailand, Amsterdam, Stoke – die Devise: Hauptsache spielen! Immer schienen die Mannschaften wie gemacht für den spanischen Hoffnungsträger. Bei Rom wurde er mit Trainer Luis Enrique vereint, der wie ein Bruder im Geiste schien. Doch eine mannschaftliche Durststrecke, eine Trainerentlassung und eine erste längere Formkrise später war das Experiment beendet. Das Kapitel Milan können wir getrost überspringen, schließlich war Ajax Amsterdam danach wie gemacht für Bojan. Endlich würde der Flügelstürmer im legendären 4-3-3 an seine Barca-Anfangszeit anknüpfen können, da waren sich Experten sicher. Doch wirklich überzeugen konnte der Spanier mit serbischen Wurzeln auch in der Eredivisie nicht. Gute Auftritte und lethargische Auftritte wechselten sich ab, bei denen man ihm die Lustlosigkeit förmlich ansah. Wie ein begabter Tennisspieler, dem plötzlich die einfachsten Ballwechsel misslingen, wirkte auch Bojan immer ratloser.

Der Ausweg schien Stoke zu sein, Auffangbecken für hochbegabte Spieler mit zwischenmenschlichen oder formbedingten Aussetzern. In der Kompanie um Astronautovic und Shaqiri sollte er doch endlich sein Talent unter Beweis stellen, so war die Hoffnung von Trainer Mark Hughes. Doch während selbst die österreichische Diva endlich bewies, dass er sich nicht umsonst Champions-League-Sieger nennen darf (#wasmachteigentlichdiegomilito), machte Bojan das, was er am besten kann: Leute fragend zurücklassen. Für die Mainzer Verantwortlichen jedoch kein Grund, um von einer Leihe Bojans abzusehen, da ihnen vor allem seine immer wieder angedeuteten Qualitäten auf dem Platz überzeugen.

Krkic krtisch beäugt

Die Stärken im Spiel von Bojan Krkic sind schnell ausgemacht. Der 1,70 Meter große Fußballzwerg begeistert insbesondere durch seine Qualitäten im Dribbling. Er verfügt über eine ausgezeichnete Technik, wodurch seine Ballannahme und Verarbeitung herausragen. Ebenso sticht Bojan in der Offensive durch sein Passspiel heraus. Eine Passquote jenseits der 80%-Marke gehört für den 26-jährigen zur Selbstverständlichkeit. Beeindruckend, bedenkt man, dass er mit seinen Pässen auch immer wieder versucht seine Mitspieler in der gegnerischen Hälfte in Szene zu setzen. Eine seiner größten Stärken ist dabei gewiss das direkte Kombinationsspiel rund um den Strafraum. Seine Technik ermöglicht ihm Kontrolle auf engstem Raum, sodass er immer wieder in gute Abschlusspositionen kommt. Ein Erfolgsgarant in Sachen Torbeteiligung ist Krkic dabei jedoch nur bedingt. Zwar erzielte er in 60 Pflichtspieleinsätzen für Stoke City 15 Tore, bereitete dagegen allerdings nur klägliche drei Treffer vor. Zu wenig für einen Spieler mit seinem Potenzial, der immerhin in seiner La-Masia-Zeit alles kurz und klein schoss und sagenhafte Statistiken hinterließ.

Es ist insbesondere die Inkonstanz im Spiel Krkics, welche ihm den ganz großen Durchbruch bei einem europäischen Top-Verein bis jetzt verwehrt hat. Seit seiner Debutsaison hat er keine Spielzeit hinlegen können, in der er fit und formstark zugleich war. Gerade zahlreiche Verletzungen, wie der Kreuzbandriss im Jahr 2015, der seine erste Saison in der englischen Premier League erschwerte, warfen ihn stets zurück und waren Hindernisse abseits des Platzes. Neben den Formschwankungen und den körperlichen Sorgen bereitet seine Bereitschaft auf dem Platz jedoch ebenfalls Sorgen. In tiefstehenden Mannschaften, die oft kontern müssen, wie etwa Stoke, ist Bojan stets deplatziert, da er seine Stärken nur unzulänglich einbringen kann. Ist dies der Fall, wirkt er unsichtbar und eignet sich bestens als Kritikpunkt für Fans, die ihm sofort eine Verweigerungshaltung und Schönspielerei andichten. Dabei sollte man sein Talent trotzdem nicht verkennen, denn Krkic muss lediglich in das richtige System eingebunden werden, um seinen Beitrag leisten zu können.

Neuer Schwung für die Mainzer Offensive

Nach dem Transfer von Yunus Malli gen Wolfsburg stellte sich für Martin Schmidt und seinem Trainerteam die Frage, in welcher Form der Abgang des Leistungsträger kompensiert werden soll? Während man mit Malli fast ausschließlich in einem 4-2-3-1 System spielte, startete Mainz das Pflichtspieljahr 2017 zunächst im klassischen 4-4-2.  Die erschreckend harmlose Offensivleistung in der Partie gegen Köln führte jedoch dazu, dass für den Rückrundenauftakt gegen den BVB die 05er wieder in ihrer gewohnten Formation aus der Hinrunde aufliefen.  Zwar sah man – insbesondere ergebnistechnisch – eine klar steigende Tendenz, jedoch merkte man auch, dass im Kader der Mainzer die kreative Komponente zu fehlen scheint. Umso mehr, erscheint die Verpflichtung von Bojan Krkic sinnvoll.

Obwohl der Spanier von der Spielweise nicht mit der von Malli zu vergleichen ist, besitzt er die Qualität, um für frischen Wind im Angriff der Mainzer zu sorgen. Vielmehr verschafft Bojans Variabilität den 05er zusätzliche Optionen in der offensiven Grundausrichtung. Ob als zweite Spitze oder auf der Position des Zehners, Krkic könnte den zurzeit lethargisch wirkenden Fußball der Mainzer wieder aufpeppen. Hinzukommt, dass sich Bojan aufgrund seiner fußballerischen Fähigkeiten wohl keinen Kopf um mangelnde Spielzeiten machen muss. Dazu kommt ein großer Vorteil auf der Trainerbank. Schmidt versteht es wie kaum ein zweiter Trainer, sein System auf die jeweiligen Stärken seiner Spieler zuzuschneiden und so das Maximum aus ihnen herauszuholen. Nachzufragen bei erwähntem Malli oder auch Julian Baumgartlinger. Eine vertrauensvolle Spieler-Trainer-Beziehung, die Schmidt stets herzustellen weiß, als Grundlage und vielleicht kann Bojan wieder an Barca-Zeiten anknüpfen, in denen er mit Rijkaard einen väterlichen Freund an der Seite wusste. Manchmal braucht es eben nur einen zwischenmenschlichen Vorschuss, um einen Spieler wieder wachzurütteln.

Summa summarum scheint der FSV mit dem einstigen Stern Barcelonas Jugendakademie La Masia einen echten Coup gelandet zu haben. Obwohl Bojan in dieser Saison alles andere als Spielpraxis gesammelt hat, bringt er alle Voraussetzungen mit, um in einem ruhigeren Umfeld sein Potenzial auf dem Platz abzurufen. Und vielleicht hallt dann auch bald aus der Mainzer Opel-Arena die Sprechchöre: „Bojan, Bojan, Bojan…“.

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