Borussia Dortmund

Auf und Ab beim BVB: Welcher Neuzugang hilft wobei mit?

Ein Saisonverlauf wie eine Achterbahn. Nachdem es lange Zeit bergauf und sogar bis an die Spitze der Bundesliga ging, die Leistungen in höchsten Tönen gelobt wurden und Unruhen aus dem Sommer vergessen schienen, geht es nun spürbar ein Stück weit bergab für die Borussia aus Dortmund, die nach der ersten Niederlage in der Liga nun auch ein ziemlich peinliches 1:1 auf Zypern zu verdauen hat. Wir schauen woran das liegt, in wie weit die Sommertransfers mit den starken und schwachen Leistungen zusammenhängen und in welche Richtung der BVB in Zukunft investieren muss.

Das System ist der Bos(z)s

Der Neuzugang mit dem größten Impact auf die Mannschaft ist mit Sicherheit Peter Bosz. Der neue Trainer bringt selbstredend auch ein neues System mit, dass sich von dem seines Vorgängers Tuchel auf viel Arten unterscheidet. Im Vergleich zum Vorjahr steht die komplette Mannschaft deutlich höher und versucht den Ball mit einem aggressiven Pressing zu erobern und direkt mit steilen und vertikalen Bällen auf die schnellen Stürmer zu spielen. Keine unbekannte Taktik für die Borussen, die mit Aubameyang, Pulisic und Neuzugang Philipp auch genau die richtigen Leute vorne haben, um so Zug zum Tor zu bekommen.

Grade Maximilian Philipp, der für 20 Millionen aus Freiburg kam, weiß hierbei zu überzeugen und hat sich schneller und besser in die Mannschaft gespielt, als es ihm viele zugetraut hätten. Mit Läufen in den Sechzehner, wenn der Ball seiner Seite fern ist, steht als er gesuchter Abnehmer bereit und hat so schon 4 Tore in der Liga erzielt. Der andere offensive Neuzugang ist Andrey Yarmolenko, der nicht ganz das Tempo seiner Mitstreiter hat, allerdings mit viel Erfahrung viele gute Entscheidungen trifft, wie beispielsweise bei seinem Hacketor gegen Augsburg. Damit macht er Dembele einigermaßen vergessen, der aber sicherlich noch andere Dinge zu vollbringen im Stande wäre.

Das Mittelfeld

Eine Abteilung weiter hinter wird auch offensiv verteidigt. Bei 2 variablen Achtern und einer Sechs hatte Neuzugang Mo Dahoud des Öfteren seine Chance auf dem Feld, die er aber noch nicht so ganz nutzen konnte. Er bräuchte mehr Präsenz im Mittelfeld und einige gute Entscheidungen, die Selbstvertrauen geben. Eine Art Neuzugang ist Mario Götze, der nach der Behandlung seiner Stoffwechselerkrankung wieder fit ist. Zwar wirkt er immer noch nicht so spritzig wie früher und hat nun Rückenmuskeln wie einst Schwarzenegger, aber auf kurz oder lang ist er nicht aus der Startelf wegzudenken. Grade bei Ballbesitz sind seine klugen Pässe und seine Ballbehandlung und Weiterleitung auf engstem, quasi nicht vorhandenen, Raum wertvoll.

Auf der Sechser Position gibt es in Bosz Futbol Total mit die größte Änderung im Vergleich zur Vorsaison. Unter Tuchel ließ sich der Sechser zwischen die Innenverteidiger fallen und konnte mit einiger Ruhe den Ball weiter nach vorne verteilen. Unter Bosz steht er viel höher und bekommt einen Pass aus der IV, den er meist mit dem Rücken zum Gegner annehmen muss, um sich dann stärker ins Angriffsspiel mit einzubringen. Wenn der BVB gezwungen ist sein Spiel aufzubauen, ist genau das das Problem, da die Sechs direkt unter Druck gerät. Gut sichtbar war es gegen Leipzig zu Beginn der zweiten Halbzeit, als Weigel direkt nach Ballannahme im Zweikampf denselben wieder verliert und Leipzig zum 3:1 trifft. Sowohl Weigel, als auch, wenn nicht grade, Sahin sind für das System zu langsam. Weigel hat sicherlich noch Potenzial und Sahin kann mit super Pässen glänzen, wenn er nicht unter Druck gesetzt wird, aber gegen Spitzenteams wird das wohl kaum vorkommen.

Die Abwehr

Die letzte Verteidigungsreihe des BVB steht selbstverständlich auch hoch, grade die Außenverteidiger stehen quasi neben dem Mittelfeld, erzeugen so Druck nach vorne, aber lassen die beiden verbleibenden Innenverteidiger dadurch auch sträflich allein. Diese müssen hinten oftmals „Mann gegen Mann“ ran, was keine optimale Situation darstellt. Mit Zagadou und Toprak gibt es zwei neue Gesichter im Dortmunder Defensivverbund, doch der junge Franzose Zagadou muss durch die vielen Ausfälle öfter Linksaußen verteidigen, was er ordentlich, aber vor allem offensiv nicht ausreichend, zu tun vermag. Er wirkt recht stoisch, als müsse er erst seine langen Beine sortieren, aber trotzdem versucht er oft spielerische Lösungen für Probleme zu finden, was sich gut in Dortmunder Kombinationen eingliedert.

Der andere neue Innenverteidiger Ömer Toprak steht im direkten Konkurrenzkampf mit Marc Bartra, von dem beide profitieren. Bartras offensive Qualitäten, besonders im Passspiel, lassen ihn allerdings die Nase vorn haben. Toprak ist defensiv sehr erfahren, sieht sich aber schier der Einsamkeit in der letzten Dortmunder Reihe auch öfter vor ihm unbekannte Probleme gestellt. Diese löst er aber solide.

Egal ob Links oder Rechts von den IVs, Jeremy Toljan kann auf beiden Seiten ran. Der Neuzugang macht es allerdings auf beiden Seiten nicht gut. Er kam mit der Empfehlung einer guten U23-EM, wirkt aber wie ein Fremdkörper im BVB-Spiel. Zudem scheint er oftmals defensiv unkonzentriert und nicht mit dem nötigen Einsatz.

Was ist jetzt zu tun?

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Dortmund beim passenden Gegner tollen, schnellen Fußball spielt (außer auf Zypern) und zu Recht an der Tabellenspitze steht, es allerdings in einigen Bereichen harkt. Die offensiv Verpflichteten machen ihre Sache gut, während alles defensiver als die Sturmreihe, bis auf Toprak, noch einige Startschwierigkeiten besitzt. Wenn wieder mehr Spieler im Dortmunder Kader fit werden, dann wird die zusätzliche Entwicklungszeit den jungen Toljan, Zagadou und Dahoud gut tun.

Wenn das System immer weiter optimiert werden soll, werden die Verantwortlichen bei einer Analyse nicht darum herum kommen, einen, sowohl physisch als auch psychisch, schnellen Spieler für die 6 zu verpflichteten. Das wäre vermutlich das Aus für Sahin, was er beinahe unter Tuchel schon erlebt hätte. Aber Mittlerweile hat man beim BVB Erfahrung mit der Demontage von verdienten Kickern.

Bis dahin muss Peter Bosz sein System anpassen. Das defensive Risiko ist scheinbar zu hoch. Auch die vor der 6 Spielenden müssen mehr in Bewegung kommen, das Spiel bei eigenem Ballbesitz optimiert werden. Vielleicht kann sich ein 8er im Spielaufbau fallen lassen und somit eine Anspielstation in Ballnähe mehr schaffen. Aber da ist der Coach gefragt.

Wenn das gelingt, wird der BVB auch weiter eine Titelchance haben, möglicherweise ist ja der Sieg in der jetzt wohl realistischen Europaleague drin. Hauptsache die Entwicklung geht weiter, am besten auf einer Achterbahn, die am höchsten Punkt einfach stehen bleibt.

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