Borussia Dortmund steht nach 7 Spieltagen auf Rang 3 hinter den Bayern und Berlinern und punktgleich mit Köln und Leipzig. Bevor jetzt alle meckern: „ja ist doch klar kehr, nach dem Umbruch, dat das nicht klappt“, lassen Sie uns den Umbruch als Grundlage nehmen und darüber hinaus analysieren, wo genau die Probleme, aber auch Stärken bei dieser neuen und verjüngten Borussia liegen. Transferkritiker zeigt,wo genau es hapert.
- Spieler kommen, Spieler gehen
Mit dem Abgang von Kapitän Mats Hummels, Spielmacher Ilkay Gündogan und Offensivzauberer Henrik Mkhitaryan brach dem BVB eine komplette und sehr wichtige Achse weg. Hummels grüßt mit dem FC Bayern mittlerweile (leider) gewohnheitsgemäß von der Tabellenspitze und Gündogan wird unter Pep Guardiola immer wichtiger für Manchester City. Beim Stadtrivalen United läuft es für Mkhitaryan allerdings noch nicht rund. Lediglich 5 Einsätze stehen auf der Haben-Seite und er wurde schon öffentlich von Starcoach Muorinho angezählt. Die drei Superstars waren selbstverständlich wichtige Stützen in der Tuchelelf der letzten Saison und fehlen an allen Ecken und Enden. Nicht nur das Talent, auch das Verständnis von Tuchels Taktik, die Kommunikation im Team und die Erfahrung von Titeln sind wichtige Grundpfeiler eines Spitzenteams, die auch durch das eingekaufte Talent nicht zu ersetzen sind. Die jungen Spieler müssen, wie z.B. Emre Mor, erstmal lernen, was einen Fußballprofi ausmacht. Sie müssen sich an das Umfeld gewöhnen und mit der gesteigerten Erwartungshaltung zurecht kommen.
- Die Offensive Ausrichtung und defensive Schwächen
Tuchels Team spielt offensiven Ballbesitzfußball, der sich oftmals in vielen Toren auszahlt, wie zuletzt den beiden 6:0 gegen Warschau und Darmstadt oder auch das 5:1 gegen Wolfsburg. Das Risiko liegt allerdings in der Konteranfälligkeit. Das Defensivverhalten zielt darauf, den Ball sehr schnell in der Hälfte des Gegners wiederzugewinnen, ist das nicht der Fall und der Gegner kommt schnell bis zur letzten Abwehrreihe wird oftmals Mann gegen Mann gespielt. Die Außenverteidiger stehen sehr hoch und die IVs sind oftmals allein gelassen. Hier spielen mit Sokratis und Bartra hervorragenden Leute, aber grade der Spanier benötigt auch noch Zeit, um das Erbe des eigentlich unersetzbaren Hummels anzutreten. Fallen die beiden aus, wie aktuell der Fall, wird es schwierig. Mit Ginter und Bender stehen gute Ersatzleute zur Verfügung, denen allerdings der Kontakt zur absoluten Spitzenklasse fehlt. Mit Subotic steht bald wieder ein weiterer Akteur bereit, der lange verletzt und im Verein nicht mehr so sehr wertgeschätzt ist. Die taktische Ausrichtung des Teams kann natürlich flexible an den Spielstil des Gegners angepasst werden, aber es ist schwierig genug, neuen Leuten die grundsätzliche Philosophie beizubringen, da kann diese nicht sofort flexible auf hohem Niveau erwarten.
- Das Ende der Ballkontrolle
Neben den individuellen Schwächen im flexiblen, offensiven Ballbesitzfußball der Borussia scheint sich grade ein Trend gegen jene dominante Taktik zu offenbaren. Am letzten Spieltag der Champions League verloren unter anderen Bayern München, der FC Barcelona und Manchester City, dessen Trainer Pep Guardiola wie kein anderer für Ballzirkulation steht. Auch Borussia Dortmund war bei den Niederlagen gegen Leipzig und Leverkusen auf dem Feld überlegen. Gegen Leipzig gab es 62,13% Ballbesitz und 56,41 % gewonnene Zweikämpfe und gegen Leverkusen sogar 65,49% Spielanteile. Allerdings waren die Leverkusener aggressiver und gewannen 51,79% der Zweikämpfe. Dortmund hat gegen beide Teams über 450 Pässe gespielt, während die Gegner nicht auf 200 kamen. Durch gute Defensivarbeit und Kontertaktik fand sich aber ein effektives Mittel gegen den Ballbesitz. Viele Mannschaften, wie auch Atletico Madrid als Prototyp, geben dem Gegner gerne den Ball und kontern eiskalt. Nicht die schönste, aber eine effektive Spielweise, die Atletico zu Meisterschaften und Finalteilnahmen brachte. Effizienz ist hierbei am wichtigsten.
- Der Lernprozess
Zeit ist ein entscheidender Faktor im Umgang mit jungen Talenten und dem Integrieren von neuen Spielern. Wenn viele neue Spieler auch gleichzeitig Talente sind, dann braucht es umso länger. Borussia Dortmund hat bereits angedeutet, wozu sie fähig sind. Wenn das taktische Grundgerüst steht und jeder Spieler es verinnerlicht hat, kann Taktikfuchs Tuchel darauf eine flexiblere Ausrichtung setzen und die Taktik besser an den Gegner anpassen. Ein Paradebeispiel war eines der letzten Aufeinandertreffen von Tuchel und Guardiola, als dieser noch bei Bayern war. Tuchels Dortmund war dominant und hatte den Ball und Bayern konterte. Das war vollkommen gegen Peps Kredo, bewies aber die taktische Wandelbarkeit und das jeder Spieler sie umsetzen konnte. Bayern gewann und Pep unterstrich erneut seine hervorragenden Fußballkenntnisse. Das wird auch an Tuchel nicht vorbeigegangen sein, nur dauert es selbstverständlich ein Team so zu formen, dass jeder Spieler in jeder Ausrichtung seinen Job optimal erledigen kann.